Burgund: Die Geschichte des Clos de Vougeot

Erstellt von Prof. Dr. Andreas Otto Weber |

Das Weinland Burgund ist berühmt für seine großen Weine aus großen Lagen, den Grand Crus. Mit 50,6 ha ist das Clos de Vougeot der größte Weinberg dieser Kategorie an der Côte de Nuits.

Dieser heute noch durch seine Ummauerung als Einheit erscheinende Weinberg gehörte bis zur französischen Revolution vollständig der Abtei Cîteaux.

Von diesem, etwa 15 km östlich inmitten eines Waldes gelegenen Kloster breitete sich von 1089 an der Reformorden der Zisterzienser in ganz Europa aus. Besonders die Landwirtschaft in Eigenregie lag den Zisterziensern und ihrem wichtigsten frühen Vertreter, dem hl. Bernhard von Clairvaux, am Herzen. Dies betraf auch den Weinbau.

Grundbedingungen der Weinerzeugung im Mittelalter

 In ganz Mitteleuropa war der Weinbau im frühen Mittelalter grundherrschaftlich organisiert: Der Grundherr (z.B. ein Adeliger oder ein Abt) war der Eigentümer des Weinbergs, ein Winzer bekam ihn zur Leihe und musste dafür Abgaben zahlen. Dies war meist die Hälfte des Weinertrages, der nur in der Weinpresse des Grundherren gepresst werden durfte.

Der Grundherr bestimmte den Lesetermin, an dem der Weinberg komplett abgelesen wurde, damit sein Ernteanteil genau kontrolliert werden konnte. Anschließend wurde der frisch gepresste Most so schnell wie möglich in den grundherrlichen Keller gebracht und dort vom Kellermeister vinifiziert. Zumeist hatten die Grundherren Weinberge an verschiedenen Orten, in deren Fluren schon im frühen Mittelalter eine Besitzzersplitterung bestand. Die Kleinteiligkeit und Verstreuung des Weinbergsbesitzes war und ist besonders im Burgund charakteristisch.

Es gab also Arbeitsteilung im grundherrschaftlichen Weinbau: Der Winzer in diesem System war für den Grundherren eigentlich nur Traubenproduzent, der Prozess der Vinifizierung oblag ganz dem klösterlichen Kellermeister.

Welche Folgen hatte dieses System für den Wein?

1. Man hatte nur selten rebsortenreine Weine, da zur Risikostreuung Reben unterschiedlicher Ansprüche in einen Weinberg gepflanzt wurden.

2. Es gab keine Möglichkeit, einzelne Trauben erst später und reifer zu ernten.

3. Da der Most direkt nach der Kelterung abtransportiert wurde, konnte kein Rotwein im heutigen Stil entstehen.

4. Es gab also keine Erzeugung von hochwertigen Qualitätsweinen und keine Flexibilität innerhalb der Produktionskette.

Das Clos de Vougeot als neues Modell

 Die frühesten Weinberge, die das Reformkloster Cîteaux geschenkt bekommen hatte, waren auch weit verstreut. Es gelang den Zisterziensern jedoch, den Besitz zu konzentrieren, indem man weiter entfernte Weinberge verkaufte und dafür bei Vougeot andere hinzukaufte. Spätestens 1336 hatte man die heutige Fläche des Clos de Vougeot ganz im Eigentum und baute eine Mauer darum („clos“ bezeichnet hier einen ummauerten Weinberg).

Hier wurde nun ein Weingut in Eigenregie erbaut, bei dem der gesamte Produktionsablauf in einer Hand lag. Klosterbrüder und später auch Lohnarbeiter verarbeiteten die gesamte Ernte. Dies ergab natürlich völlig andere Möglichkeiten, den Weincharakter und seine Qualität zu beeinflussen. Noch heute zeugen die riesigen Baumpressen in der Kelterhalle des Château du Clos de Vougeot von der Bedeutung des zisterziensischen Weinbaus.

Weingut ohne Weinkeller?

 Wer heute das Château du Clos de Vougeot besucht, ist beeindruckt von den Dimensionen des mittelalterlichen Weingutes. Eines aber fehlt: der Weinkeller. Wo haben die Zisterzienser ihre feinen Weine vinifiziert und gelagert? Etwa zwei Kilometer östlich des Clos de Vougeot liegt das Château de Gilly, heute ein nobles Hotel. Bis 1789 war es die Sommerresidenz der Äbte von Citeaux, im Mittelalter ein Priorat dieses Klosters. Hier sind noch heute die gotischen Kellergewölbe des zisterziensischen Weinkellers erhalten. Anstelle der Weinfässer der Mönche stehen heute die Tische des Restaurants Clos Prieur.

von Andreas Otto Weber

Literatur: Benoit Garnier (Hg.), Vins, Vignes et Vignerons en Bourgogne du Moyen Age à lÉpoque contemporaine (Annales de Bourgogne 73), 2001.

Andreas Otto Weber, Prälaten und Agrareform. Das Beispiel der Weinwirtschaft schwäbischer und bayerischer Klöster, in: Wolfgang Wüst (Hg.), Geistliche Staaten in Oberdeutschland im Rahmen der Reichsverfassung. Kultur - Verfassung - Gesellschaft. Ansätze zu einer Neubewertung, bibliotheca academica Verlag, Epfendorf 2002, S. 377-395.

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